Ford Schweden

Ford Modell-C in Schweden 1904
Ford Modell-C in Schweden 1904

Erster in Schweden verkaufter Ford ist wohl ein C-Modell im Jahr 1904. Es wurde im Beisein von Generalkonsul EG Gjestvang vom amerikanischen Schiff gefahren. Käufer war der Regisseur Becker, der Preis soll 4.500 SEK  betragen haben. Der skandinavische Markt wurde damals von Kopenhagen aus betreut.

Während des Ersten Weltkriegs wird der Henry Ford als Friedensengel aktiv. Er beruft eine Konferenz in Stockholm ein, auf der die Regenten der Welt für immer kriegerischen Auseinandersetzungen abschwören sollen. Doch die Konferenz wird ein Flop, weil kein Staatsmann teilnimmt.
Nach Kriegsende wurden 1919 T-Modelle aus dänischer Fertigung an die "Amerikanska Motor Importen A/B" in Malmö verschifft. Doch schon am 16. Mai 1924 wird die Ford Motor Company A/B in Stockholm gegründet. Ihr Sitz war das alte Zollhaus in Stadsgårdskajen, in dem sich heute ein Museum für zeitgenössische Fotografoe befindet. Das Gründungskapital betrug eine Million Kronen, 995 der 1.000 Aktien blieben im Besitz der Ford Familie. Neben dem heimischen Markt war die von Dänemark aus kontrollierte Gesellschaft auch für Finnland zuständig, bis dort eine eigene Niederlassung aufgebaut wurde. Angeliefert wurden die Fahrzeuge aus Kopenhagen mit dem umgebauten deutschen Panzerkreuzer Aegir.

Nach Entwürfen des schwedischen Architekts Uno Åhrén errichtet Ford 1930/31 für 2.250.000 SEK neue Lagergebäude im Stockholmer Freihafen, die auch als Montagewerk genutzt werden können. Hier gab es ein umfangreiches Ersatzteillager und Platz für 350 Autos, Büros, Serviceschule und Lieferabteilung. Die Büros waren durch dünne Wände aus Eichenholz und Milchglas unterteilt. Der Eingang war klinisch elegant, neue Ford Modelle wurden auf dem Marmorboden präsentiert. Zudem gab es eine Telefonzelle in einer futuristisch abgerundeten Säule.  Bereits 1915 wurde ein detaillierter Leitfaden für die Planung von Ford-Fabriken gegeben. Es werden Produktionsbedingungen beschrieben, aber auch wie sanitäre Anlagen entsorgt werden sollten und wie viel Tageslicht und künstliches Licht vorhanden sein sollen. Uno Åhrén hatte kein Problem damit, diese Richtlinien einzuhalten. Er zeichnete Alles von  Wanduhren bis zu Tischen und Kleiderschränken für die Arbeiter. Sein Stil war zurückhaltend. Krönendes Element waren zwei riesige Ford-Embleme auf dem Dach des Hauptgebäudes. Bei der Einweihung des Ford-Werks wurde auch über ein zentrales Seifenwerk berichtet. Die Seifenlösung wurde über ein ausgeklügeltes System von einem Lagertank auf dem Dachboden zu den Waschbecken der Arbeiter transportiert. Die Küche war ein "elektrifizierter Traum der Hausfrau". Sollte es anfangen zu brennen, wurde automatisch eine Sprinkleranlage mit 1.330 Düsen in Betrieb genommen, die an eine Zisterne, aber auch an das Wassernetz der Stadt angeschlossen war.

1934 wurde der 75.000ste Ford an einen schwedischen Kunden ausgeliefert. Das Jubiläumsauto, ein mit Aufklebern beklebter V8, ging auf eine Werbetour quer durchs Land. Die Kolonne erregte besondere Aufmerksamkeit,  weil sie mit einem der ersten schwedischen Radioempfänger ausgestattet war.

Am 11. Mai 1939 wurde das 100.000ste Auto ausgeliefert. Ab 1939 wurde der Import über die südschwedische Hafenstadt Malmö abgewickelt. Am zweiten September 1939, einen Tag nach Kriegsausbruch, wurden Benzin für PKW und zehn Tage später für Lastwagen rationiert. Importe wurden beschnitten. Eine kleine Anzahl neuer Lastwagen konnte aus Ersatzteilen zusammengebaut werden, und es wurde ein umfangreiches Renovierungsprogramm namens "R & G-Autos" eingeführt. Diese LKW wurden mit Holzgasgeneratoren und speziellen Achsen für PKW-Reifen ausgestattet. Ford stellte auch eine eigene Holzgasgeneratoren namens "Speed" für die kleinen Y-Ford und größere Modelle her, die mit Holzkohle betrieben wurden.
Im Zweiten Weltkrieg blieb Schweden neutral, Ford belieferte aber die finnische Armee mit LKW für ihre Einsätze gegen Russland. Es gegen Kriegsende wurde erkannt, daß es während des Kriegszustands verboten war, industrielle Aktivitäten in einem Freihafen durchzuführen. Dieses Problem wurde durch einfaches Verschieben des Zauns pragmatisch gelöst, sodass die Fabrik nun außerhalb lag.

Ford Stockholm
Ford Werk im Stockholmer Freihafen

Schon 1946 errichtet Ford ein eigenes Montagewerk auf seinem Stockholmer Gelände. Aus 10.000 Quadratmetern wurden 24.000. Der alte Schornstein musste abgerissen werden. Trotz der umfangreichen Erweiterung wurde eine temporäre Montagelinie unterhalten und am 6. Mai 1947 lief der erste LKW wieder vom Band. Als Henry Ford II im März 1948 die fast fertiggestellte Autofabrik inspizierte, schien er sehr zufrieden zu sein. "Nur durch eine gesteigerte Produktion können menschliche Wünsche erfüllt werden", sagte er ernst. Am 23. September 1949 war die Einweihung und gleichzeitig das 25-jährige Jubiläum. Prinz Bertil drückte einen Knopf, "wodurch die Sirenen heulten und der Stab zu seinen Plätzen eilte". Die Kapazität betrug 15.000 Autos und Lastwagen pro Jahr und bis zu 900 Arbeiter konnten beschäftigt werden. Die Renovierung kostete zehn Millionen. Der ältere Teil mit seinen charakteristischen Oberlichtern wurde komplett umgebaut. Der Stil blieb sachlich mit ungewöhnlich vielen Fenstern. Zusätzlich zu den Produktionsbereichen wurden eine finnische Trockensauna und ein kleines Kino eingebaut. Die Arbeiter hatten neue Kleiderschränke mit Heizung bekommen.
Am Freitag, dem 29. Juli 1949, rollte der erste "schwedische" Ford von der Band, eine Vedette. 37 Fahrzeuge konnten täglich gebaut werden, später lief alle 12 Minuten ein neuer Ford vom Band. Die Rohstoffversorgung war zunächst schwierig. Erst in den 1950er Jahren stieg die Anzahl der Holzkisten aus den USA und England. Die leeren Kisten eigneten sich ausgezeichnet für den Bau von Garagen oder Sommerhäusern. Breite Redwood-Bretter mit Ford-Logo zeugen von ihrer ursprünglichen Verwendung.
Die Montage erfolgte in drei Schritten: Fahrgestell, Karosserie und Motor. Wenn die großen CKD-Kisten (Complete Knocked Down) von Inhalt, Boden, Seiten und Decke befreit wurden, wurden sie die obere Halle transportiert, wo die Punktschweißung der Karosserie erfolgte. Dann wurden die Kotflügel angebaut. Nach dem Schleifen lief die Karosserie durch große Lackierkabinen und Trockenöfen. Nun wurden die Instrumententafel, die Scheiben und die Innenausstattung montiert. Es gab eine eigene Sattlerei, in der Sitze, Dachhimmel und Türverkleidungen hergestellt wurden. In der unteren Halle wurde aus dem Chassis in ein funktionsfähiges Fahrgestell mit Bremsen und Lenkung. Schließlich kam der Motor von einem eigenen Band dazu.

Am 17. Mai 1950 wurde der erste Prefect gebaut und einige Zeit später der Consul. Eine Reihe amerikanischer Modelle wurde ebenfalls auf schwedischem Boden gebaut. Das Spitzenjahr war 1954 mit 5.801 Autos und 688 Mitarbeitern. Als Henry Ford II Schweden 1948 und 1954 besuchte, war eine Audienz bei der Regierung und der königlichen Familie eine Selbstverständlichkeit. Bis 1955 wurden 26.251 Autos hergestellt, der Marktanteil betrug 14,4 Prozent. Dann ging die Produktion allmählich zurück und wurde 1957 vollständig eingestellt, als es durch die Senkung der Importzölle günstiger wurde, fertige Autos einzuführen. Insgesamt wurden bis zur Schließung im Jahr 1957 28.634 Fahrzeuge (inkl. LKW) gebaut. Das Werk wurde wieder zu einer Importanlage. Bis in die 1970er Jahre kamen die Wagen auf ein Förderband und wurden mit schwedischer Ausrüstung ergänzt. Dann wurden sie drei Autos hoch in Regalen gestapelt. Damals arbeiteten dort 200-300 Menschen. Hier befand sich auch Fords renommierte Motorsport-Abteilung. Heute befindet sich in den Gebäuden die Stockhomer Börse OMX.

Ford Zephyr der schwedischen Polizei
Ford Zephyr der schwedischen Polizei

Sogar die Polizei wollte nach englischem Vorbild Ford Zephyr fahren. Doch die wenigen eingesetzten Fahrzeuge wurden schnell unbeliebt, weil die Lucas Elektrik trotz Umrüstung auf Drehstromlichtmaschine oft streikte und Ersatzteile schwierig zu beschaffen waren. Dennoch blieb Ford lange Jahre größter Importeur im größten skandinavischen Markt.

Ein neues Kapitel für Ford in Schweden wurde mit der Übernahme der Volvo PKW-Sparte 1999 geschrieben, bis die Marke 2010 wieder mit Verlust an die chinesische Firma Geely weiter veräußert wird. Eine Zeit lang kamen noch Motoren und Getriebe für Ford Fahrzeuge aus Schweden. 2020 verkauft Ford seine schwedische Sparte an die Autohaus Gruppe Anders Hedin Invest AB, muß aber mit Volvo erneut zusammenarbeiten um das CO2 Flottenverbrauchsziel zu erreichen.

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