Ford's Karosserieschneider (Teil 9) - Ambi-Budd
 
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Edward Budd
Edward G. Budd
Sein Name steht heute in Amerika in der „Hall of Fame“, in Anerkennung seiner Verdienste um die amerikanische Autoindustrie. Doch bis es so weit war, dauerte es lang, genau genommen sehr lang. Denn die Anfänge – sie sahen anders aus. Überschriften wie die folgende wollten Unternehmenschefs in der Wirtschaftspresse nicht lesen, auch der amerikanische Stahlverarbeiter und Automobilzulieferer Edward G. Budd nicht: „Pionier ohne Profit“, hatte das amerikanische Wirtschaftsmagazin Fortune im Februar 1937 über Budd geschrieben. Die Redakteure hatten sich die Bilanzen der Edward G. Budd Manufacturing Company besorgt und dabei zusammengezählt, dass Budd mit seinem Unternehmen in den vorangegangenen elf Jahren einen Verlust von insgesamt 3,3 Millionen Dollar gemacht hatte. Das las sich nicht gut. Wer sich aber von der wenig verheißungsvollen Überschrift nicht zum Weiterlesen anregen lassen konnte, verpasste die Beschreibung einer interessanten Zwischenstation auf einem langen Erfolgsweg. Denn Budd, vorübergehend tatsächlich ein Pionier ohne Gewinn, hatte die Verluste als wahrer Unternehmer bewusst in Kauf genommen. Er wollte seine Firma mit neuen Produkten am eigenen Schopf aus der Wirtschaftskrise ziehen. Das dauerte damals zwar länger als gedacht. Doch es sicherte in schwieriger Zeit die Arbeitsplätze tausender Mitarbeiter.

Der Großteil aller PKW Karosserien besteht heutzutage nach wie vor aus Stahl. Dies verdanken u.a. dem Amerikaner Edward Gowen Budd. Er wurde am 28.12.1870 in Smyrna/Delaware geboren und studierte später an der Universität Pennsylvania. Seine erste Anstellung fand er in einer Firma die Riemenscheiben aus gepresstem Stahlblech, statt wie üblich aus Gusseisen, produzierte.
Die Stahlblech Umformtechnik machte zu dieser Zeit große Fortschritte. Budd wechselte zur Waggonfabrik Hale & Kilburn und belieferte schon bald Autofirmen mit Pressteilen wie Türen und Stirnwänden.

Budd Ganzstahlkarosserie
Die ersten Ganzstahlkarosserien waren noch sehr von ihren Vorbildern aus Holz geprägt

1910 wurde Hale & Kilburn von Hupmobile beauftragt die Idee einer Ganzstahlkarosserie zu untersuchen. Doch es waren noch zu viele Schweiß- und Lötverbindungen notwendig, da man keine großen gewölbten Teile aus Stahlblech pressen konnte. Der Weg zum Erfolg begann für die neue gegründete Budd Company im Jahre 1912, als Budd entdeckte, wie Stahlblech zu komplexen Formblechteilen gepresst und Komponenten zu starken, selbsttragenden Strukturen zusammengefügt werden konnten.
Budd war Experte für Press- und Schweißtechnik. Sein gleichaltriger Chefingenieur Joseph Ledwinka (übrigens ein Verwandter des Tatra Chefentwicklers Hans Ledwinka) hatte in Wien eine Wagenbauerlehre absolviert und kam nach Chicago, wo er ein Patent auf einen allradgetrieben Elektrowagen erhielt. Ledwinka gehörte schon zu Budds Partnern, als dieser eine eigene Firma gründete. Die damals 3.000 Mitarbeiter bauten für Hupmobile die ersten Ganzstahlkarosserien. Die Lackierungen der neuen Aufbauten konnten nun eingebrannt werden, ohne zu befürchten, daß der Holzrahmen verbrennt. Damit sank der Zeitbedarf von zuvor 10-15 Tagen erheblich.

Dann kam ein Großauftrag von General Motors für eine Buick Ganzstahlkarosserie und 2.000 Oakland Aufbauten. Ledwinka und seine Kollegen lernten Probleme wie den Verzug in den Griff zu bekommen und reichten im Juni 1914 ein Patent für die weltweit erste verschweißte Ganzstahlkarosserie ein.

Dodge mit Budd Ganzstahlkarosserie
Dodge mit Budd Ganzstahlkarosserie

Zur gleichen Zeit überwarfen sich die Dodge Brüder mit Henry Ford, dem sie bis dahin Motoren und Getriebe geliefert hatten. Die Dodge Brüder wollen ihr eigenes Ganzstahl Auto auf den Markt bringen und wer war dazu besser geeignet als Budd? So wurde Dodge 1914 zum ersten Großserienhersteller von Ganzstahl-PKW, zuerst einer viertürigen Limousine, bald gefolgt von einem Coupe. Das Dach des Dodge war allerdings aus Angst vor Dröhngeräuschen noch auf herkömmliche Weise aus Holz mit bespanntem Kaninchendraht gefertigt.
Das war für Budd nur der Anfang. Er begann Karosserien für Cadillac, Chrysler, Delage, Citroën, Mercedes, Morris und Nash zu liefern.

Ende der 20er Jahre besaßen schon mehr als sechs Millionen PKW aus USA Ganzstahl Karosserien.
Bereits 1916 gründete Edward Budd die Budd Wheel Company, den damals führenden Hersteller von Drahtspeichenrädern in den USA. Budd presste aber auch Felgen für Dodge aus Stahlblech und lieferte Drahtspeichenräder und Türen für die letzten Ford T-Modelle.

Budd Silverking 1936
Budd Silverking 1936

Daneben war Budd nach wie vor auch auf dem Eisenbahn Sektor aktiv. Seine neue Leidenschaft waren die in den 30er Jahren in Mode gekommenen Stromlinienzüge. Höhere Geschwindigkeiten machten bessere Bremsen notwendig. Budd entwickelte belüftete Scheibenbremsen, 1935 für Züge, später auch für PKW.

Für Budd war es wichtig die komplette Kontrolle über die Fertigung zu behalten. Mit der Werkzeugbaufirma EW Bliss & Co in Brooklyn / New York baute er die schweren Pressen. Joseph Keller (auch aus Brooklyn) lieferte Anlage zu Herstellung von Blechprofilen und 1923 die erste elektrische Kopierfräse.
Auf Grund der hohen Nachfrage seitens Ford für die T- und später die A-Modelle baute Budd 1925 ein zusätzliches Werk in Detroit. Das alte Werk in Philadelphia konzentrierte sich fortan auf den Waggonbau und Edelstahl Produkte.
Budd liefert ab 1932 auch komplette Führerhäuser für die BB-Kleinlastwagen, Pressteile für die Kastenwagen und in den Kriegsjahren komplette Karosserien für Ford Armeefahrzeuge.

Ruxton 1936
Ruxton 1936

Auf Initiative seines Ingenieurs William Muller wurde auch ein Wagen mit Frontantrieb entwickelt. Joseph Ledwinka übernahm das Design. Der Prototyp wurde im Herbst 1928 fertig und von einem Studebaker Sechszylinder motorisiert. In den Jahren 1929/30 baute dann „Moon Motor Cars“ ca. 500 Fahrzeuge unter dem Namen Ruxton.
1932 verließ Budd die Firma und gründete einen neuen Betrieb, die Edward G. Budd Manufacturing Company in Philadelphia. Budd konnte einige gute Mitarbeiter gewinnen, unter ihnen auch wieder Ledwinka. Der kleinen Firma mangelte es anfangs an Platz. Die wichtigste Maschine, eine große Presse, war in einem Zirkuszelt untergebracht.

Lincoln Zephyr
Lincoln Zephyr

Eine mittragende Karosserie auf einem Plattformrahmen war der nächste Schritt. Der Chrysler Airflow von 1934 folgte diesem Prinzip. Aber wie das Leben manchmal so spielt, wurde der Airflow für Chrysler ein Reinfall, nicht etwa wegen seiner Formgebung, sondern weil er zu früh in die Produktion ging und noch etliche Mängel aufwies. Wirklich erfolgreich sollte in den 30er Jahren erst John Tjaarda’s 12-Zylinder Stromlinien-Modell, der Lincoln Zephyr, werden. Auch der erste Amerikaner mit komplett selbstragender Karosserie kam von Budd: Der Nash 600 von 1941.

Das Citroën Modell B10 von 1924 zeigte erstmals eine Ganzstahlkarosserie bei einem europäischen Großserien Automobil: „tout acier“, wofür Citroën die Lizenz von Budd erworben hatte. Die Einführung dieser neuen Produktionstechnik war mit hohem Risiko und Kosten verbunden: Einerseits gab es noch keine Erfahrungen im Automobilbau und andererseits mussten sehr teure Maschinen und Werkzeuge für die Blechbearbeitung beschafft und die elektrische Schweißtechnik perfektioniert werden. Dazu wurden 250 Pressen mit bis zu 1.400 Tonnen Gewicht per Schiff von Budd/USA an den Quai de Javel geliefert. Der neue Citroën hatte auch prompt Probleme, da das alte Chassis noch nicht dem 200kg höheren Gewicht der Ganzstahl Karosserien gewachsen war; in den Blechteilen entstanden Risse und die Türen öffneten sich während der Fahrt.
Schon 1928 reiste Budd-Mitarbeiter Willian Muller nach Paris zu Andre Citroën und interessierte ihn für die Idee einen frontangetriebene Autos. Daraufhin besuchte Citroën 1931 Budds’ Betrieb. Auch Karosserien für die Prototypen der „Traction Avant“ Modelle kamen noch von Budd.

Louis Renault fürchtet sich nicht von Patentklagen einer amerikanischen Firma auf französischem Boden. Budd hatte sich aber weltweit die Rechte sichern lassen und verklagte nun Renault einfach in Deutschland. Auch Renault musste fortan wie alle anderen Lizenzgebühren abführen.

1925 besuchte William Morris (Lord Nuffield) Philadelphia und studierte die dortigen Fertigungsmethoden. Nach seiner Rückkehrt gründete er die Firma „Pressed Steel“ in Coventry, direkt neben dem Morris Werk in Cowley. Es war das erste Presswerk in Großbritannien, zum großen Teil von Budd’s Hausbank in London finanziert und kontrolliert. Das Spektrum der Fahrzeuge reichte vom Morris Minor bis zum Rolls-Royce.
1934 gründete MG in England die Sparte „Vehicle Developments“. Zusammen mit Ambi-Budd in Berlin entwickelte man standardisierte Stahltüren und Türpfosten für „Drophead Coupés“, die als „Sandringham Design” auf vielen Fahrgestellen (Austin 12, Ford, Morris, Vauxhall, Wolseley) verwendet wurden.
Aber auch Kühlschränke wurden gebaut, nach dem Krieg sogar Regale aus Edelstahl.
1947 widmete man sich nach amerikanischem Vorbild zudem dem Waggonbau. Ein neues Werk nahe Paisley nutze ab 1956 Ideen aus der Kfz-Industrie für die Einsenbahn.
1950 wurde zudem ein zweites Automobil Zulieferwerk in Swindon eröffnet. Weitere Budd-Lizenznehmer waren Peugeot, SIMCA, Tatra, Austin und FIAT.

In Deutschland gründete man zusammen mit dem Berliner Ingenieurbüro Arthur Müller „Ambi-Budd“. Der Betrieb auf dem Fluglatz Johannisthal in den ehemaligen Rumpler Hallen wurde bald zum größten Stahlblech Pressbetrieb im Land. Gleich nebenan lag das deutsche Montagewerk von Chrysler. Mit dem amerikanisch-deutschen Unternehmen, dem lange Zeit einzigen Produzenten von Ganzstahlkarosserien im Reich, war Adler von Anfang an eng verbunden, da Ambi-Budd seit 1927 ungefähr 26% der Adler-Aktien hielt. Ambi-Budd nahm natürlich großen Einfluss auf die Entscheidungen bei Adler. Bald durfte nur noch Karmann neben den Berlinern Karosserien für Adler liefern. Nachdem Hans Gustav Röhr 1935 als Chefkonstrukteur bei Adler ausschied, übernahm Karl Jenschke seine Stelle. Jenschke hatte schon reichlich Erfahrung mit der Ganzstahlkarosserie bei Steyr gesammelt und sich dort auch wie Ledwinka der Stromlinienform verschrieben.

Adler Trumpf 1932
Adler Trumpf 1932

Das Adler Trumpf Fahrwerk und die Ganzstahlkarosserie waren perfekt aufeinander abgestimmt. Kasten-Plattformrahmen und Karosserie waren miteinander verschweißt statt verschraubt und machten das Fahrzeug besonders verwindungssteif. Als ausgesprochen fortschrittlich galt beim Adler das an die Stromlinien-Karosserie angepasste Fahrgestell. Eine Stromlinien-Karosserie auf einem normalen Fahrgestell unterzubringen, hätte einen gravierenden Nachteil zur Folge gehabt. Der Fahrgastraum wäre dann wegen der abfallenden Heckpartie und dem hinter der Vorderachse sitzenden, platzbeanspruchenden Motor sehr eng ausgefallen.
Zunächst gab es den Trumpf nur als zweitürige Limousine und Zweifenster-Cabriolet, auf dem Pariser Salon 1932 zeigte dann Ambi-Budd die gefällige Jupiter-Limousine, die dann 1934 in zwei- und viertüriger Ausführung ins offizielle Modellprogramm übernommen wurde.

BMW 335 Limousine 1935
BMW 335 Limousine 1935

Ab Juli 1929 wurde der BMW 3/15PS DA2 mit einer von Ambi-Budd in Berlin gelieferten Karosserie gebaut, die dem ebenfalls in Austin-Lizenz gebauten Rosengart ähnelte. 1932 folgte dann der erste „echte“ BMW namens AM1 (Auto München) Typ 3/20, wobei die Karosserie noch von Mercedes in Sindelfingen stammt. Spätere Karosserien kamen dann nicht mehr vom Konkurrenten, sondern wieder von Ambi-Budd. BMW wurde zum guten Kunden: Auch für die Modelle 303, 321, 326, 329 und den großen 335 kamen Stahlkarosserien aus Berlin-Johannisthal.

Ford Rheinland 1934
Ford Rheinland 1934

Erster deutscher Ford mit Ganzstahlkarosserie war das Modell-B ab Modelljahr 1932. Ambi-Budd in Berlin-Johannisthal lieferte die entsprechenden Pressteile. Während sich Daimler-Benz rühmte, in seinem Werk Sindelfingen die solidesten Karosserien - mit Holzrahmen - in Serie zu bauen und von BMW den Auftrag erhielt, künftig die Aufbauten für die bayerischen Wagen zu liefern, war Ford mit der Ganzstahl-Bauweise einen Schritt weiter.
Das Streben nach rationellerem Bau einerseits und die neuen Möglichkeiten durch die Austausch-Motoren führten dazu, daß an den neuen Ford-Karosserien die Motorhauben nicht mehr bis tief hinunter an die Kotflügel gezogen waren, sondern nur als Deckel den oberen Teil freigaben. Durch die festen Seitenteile erhielt der ganze Wagen mehr Stabilität. Und dies war dringend nötig; weil Fords Fahrwerke aus gestanzten Profilen bestanden und nicht - wie bei vielen Konkurrenten - aus Rohren, verwanden sie sich zum Ärger vieler Cabriolet-Bauer sehr. Durch die neuartigen Motorhauben besserte sich dies etwas. Mit Hilfe der Ambi-Budd-Techniker gelang es, innerhalb von nur elf Monaten sowohl dem "V-8", wie auch dem Ford "Eifel" eine völlig neue Linie zu geben. Von Drauz kam der komplette Aufbau für die Cabrio-Limousine, während Ambi-Budd die Ganzstahl-Karosserie für die Limousine mit anlieferte. Auf den Kölner Bändern wurde alles komplett montiert und auf das Chassis gesetzt.

Bei Ford wurde die Nachfrage so groß, daß die Kapazitäten im neuen Kölner Werk voll ausgelastet waren und Ambi-Budd Montagen, besonders für die 8-Zylinder vornahm. Ford hatte dazu eigens Ende 1937 neue Hallen in direkter Nachbarschaft zu Ambi-Budd errichtet.
Es galt nun für Verkaufsdirektor Robert H. Schmidt, das ungewöhnlich umfangreiche Modellprogramm zu straffen, um sich nicht zu verzetteln. Mit Jahresbeginn gab es nur noch zwei Pkw-Grundtypen, es musste endlich ein Auto zwischen Eifel und V8 her. Im April 1938 baute Ford mit Hilfe der Ambi-Budd-Techniker den Prototyp eines solchen 1,5 Liter-Wagens. Im Stil geriet er wie ein gestreckter "Eifel". Die Amerikaner empfahlen ihren deutschen Mitarbeitern keine neues Auto im Stil des Eifel. Als Vorbild priesen die Amerikaner ihren Lincoln Zephyr. Die Detroiter Stylisten schickten auch gleich einen Entwurf mit. Halbherzig gaben die Engländer ihr OK zum Bau eines solchen Wagens, denn erstmals bauten nun die Deutschen ein Auto, das sich im Aussehen deutlich von englischen Ford-Wagen abhob. Angesichts der politischen Verhältnisse gab es für den Konzern auch keine andere Wahl, als die Kölner nun eigene Wege gehen zu lassen.
Statt eines separaten Chassis sah Ford Cheftechniker Bussien einen Plattform-Rahmen vor, auf dem die Karosserie nicht mehr verschraubt, sondern aufgeschweißt war; ein halb-selbsttragender Aufbau. Fast täglich pendelte damals ein Team zwischen Köln und Berlin-Johannisthal hin und her, um Entwürfe und Anweisungen auszutauschen. In Weiterführung an den geläufigen Modellnamen "Eifel", wählte man für den neuen Wagen den Gebirgszug "Taunus" aus.
Ambi-Budd hatte bei der Konstruktion des neuen "Taunus" kräftig Geburtshilfe geleistet. Deshalb stand bald fest; auch die dritte deutsche Ford-Fabrik müsse in der Nähe von Ambi-Budd stehen um die nötigen Stückzahlen bauen zu können. So wurde am 2. Januar 1939 in Berlin-Johannisthal der Grundstein zu einem ganz neuen Werk gelegt. Und über kurz oder lang sollte auch die Ford Hauptverwaltung wieder dorthin verlegt werden. Der Zweite Weltkrieg und die Teilung Berlins stoppten jedoch die ehrgeizigen Expansionspläne.

Hanomag Sturm
Hanomag Sturm

Hanomag stellte 1934 den „Rekord“ vor und baute ihn bis 1939. Die Karosserien für Cabrio und Limousine lieferte Ambi-Budd. Das Leergewicht lag bei nur 1.060 kg. Auch die Karosse für die größte je von Hanomag gebaute Limousine, den „Sturm“, stammt aus Berlin. Adler verwendet die gleiche Karosserie.

Die Erfindung von Vincenzo Lancia, der 1922 erstmals die Räder direkt an einer selbsttragenden Karosserie auf hing, wurde vom Opel-Ingenieur Karl Stief in Zusammenarbeit mit Budd’s Konkurrent Fisher Body verfeinert und machte eine bisher nie gekannte Leichtbauweise möglich. Die Teile zu dem neuen Opel Olympia bezogen die Rüsselsheimer von Ambi-Budd. Opel hatte damit die bisher im Karosseriebau führenden Ford-Fahrzeuge überholt.
Zwischen 1912 und 1949 lieferte Ambi-Budd zudem an folgende Hersteller: Audi, Cyklon, NSU, Ley, Horch, Opel und EMW – teilweise noch in herkömmlicher Gemischtbauweise. Erkennbar stets an der "ABP" (Ambi Budd Presswerke) Emaile Plakette, die meist unterhalb der A-Säule angebracht wurde.

Im Juli 1933 erwarben die Henschel Flugzeugwerke die in Berlin-Johannisthal gelegenen leerstehenden Werkstätten der Ambi-Budd Waggon- und Apparatebau A. G. und bauten sie um. Auch für andere Rüstungsprojekte wurde das Ambi-Budd Know-How benötigt.
Durch massive Bombenangriffe der alliierten Luftstreitkräfte im Jahr 1943 sah man sich gezwungen, einen Großteil der Industrie Produktion unterirdisch zu verlagern. Hierzu kamen Eisenbahntunnels, Bergwerksstollen oder auch extra hierfür geschaffene unterirdische Anlagen in Frage. Bei der Suche nach geeigneten Orten stieß man auch auf unterirdische Steinbrüche im Jakobsberg bei Porta Westfalica. Hier wurde 1944 mit dem Ausbruch und der Erweiterung der Stollen begonnen um ein Presswerk für Flugzeugteile aufzunehmen. Ambi-Budd sollte hier für Focke-Wulff Jagdflugzeug Zellenteile herstellen. Unter dem Decknamen „Dachs“ begannen im März 1944 die Arbeiten. Nachdem die Statik den Einsatz von schweren Pressen aber nicht zuließ, wurde die Anlage für die Herstellung von Schmieröl projektiert.

Fertigung der Wannen für die VW Schwimmwagen bei Ambi-Budd
Fertigung der Wannen für die VW Schwimmwagen bei Ambi-Budd

Im „Kdf-Werk“ Wolfsburg liefen die damals größten Pressen von Budd USA. Im Zweiten Weltkrieg wurde auf Rüstungsproduktion umgestellt: Der VW Schwimmwagen (Typ 166) läuft vom Band. Ambi-Budd liefert dazu die selbsttragenden, geschweißten Stahlblech Wannen nach Wolfsburg. In dieser Zeit beschäftigte Ambi-Budd auch Zwangsarbeiter.
Die Karossen für den Kübelwagen kamen aus Berlin per Eisenbahn nach Fallersleben, weil das „Kdf-Werk“ noch nicht über genügende Kapazitäten verfügte.
Bei einem Bombenangriff unmittelbar vor Kriegsende wurde das Ambi-Budd Werk Berlin komplett zerstört, ein Grund warum Hanomag und Adler nach dem Krieg nicht wieder in das PKW Geschäft einsteigen konnten. Im VW-Werk am Mittellandkanal konnte aber bald nach dem Bombenangriff auch der Karosseriebau für die Wehrmachtsfahrzeuge aufgenommen werden.
Besonders innovativ war das Kleinst-U-Boot von Ambi-Budd. Der „Kleine Delfin“, war hydrodynamisch optimiert und tauchte rein dynamisch. Das 1-Mann-Boot war nach Prinzipien des Karosseriebaus entwickelt und für den Einsatz mit 1.200 kg Sprengladung vorgesehen. Als Rettungsmittel diente dem Piloten ein Tauchretter und ein Schleudersitz. Der „Kleine Delfin“ konnte 21 m tief tauchen und erreichte mit Elektroantrieb 7 Knoten über und 14 kn unter Wasser bei 140 Seemeilen Reichweite. Er konnte auch einen Torpedo mitführen oder eine Torpedomine schleppen. Ein größeres Boot („Großer Delfin“) kam über das Prototypenstadium nicht hinaus.

Nach dem Krieg wurden im zerstörten  Ambi-Budd Werk, nun im sowjetischen Sektor Berlins gelegen, nur noch wenige Aufträge für die Kfz-Industrie abgearbeitet. Maschinen und Werkzeuge wurden demontiert und zum Großteil in die Sowjetunion verfrachtet. Ein Teil der Einrichtungen fand sich auch im EMW Werk Eisenach wieder. Bekannt ist zumindest noch eine bei Ambi-Budd erstellte, Buick-ähnliche Nachkriegskarosserie auf russischem ZIS101 Chassis, evtl. ein Geschenk an die Besatzungsmacht?

In den USA presste Budd im Krieg Hülsen für Granaten und Bomben sowie Stahlhelme. Der Entwurf einer Willys-Jeep Alternative auf Ford Chassis und Budd Karosse war nicht von Erfolg gekrönt. Der Nachfolger M151 MUTT (Ford, Kaiser, AM General) kam dann aber teilweise mit Budd (und Fruehauf) Karossen.

Conestoga
Conestoga

Budd/USA investierte schon in den 20er Jahren in die junge Stout Metal Airplane Company, die Ganzmetall-Flugzeuge herstellte und bald von Ford übernommen wurde. Später versuchte sich die Edward G Budd Mfg Co Philadelphia selbst im Bau von Flugzeugen. Zuerst lieferte man nur Felgen und Flächenrippen aus Edelstahl. Dann ganze Flugzeuge aus dem rostresistenten Material wie das „BB-1 Pioneer“ Flugboot von 1931. 1943 folgte die zweimotorige Transportmaschine RB-1 „Conestoga“, das weltweit erste Flugzeug komplett aus punktverschweißtem Edelstahlblech. Zwanzig Stück wurden gebaut, dann setzte sich jedoch Aluminium als Werkstoff durch und Budd gab das Luftfahrtgeschäft wieder auf.

Edward Budd selbst arbeitete bis zu seinem Tod am 20.11.1946 in Pennsylvania. Sein Name wurde 1985 in die „Automotive Hall of Fame“ aufgenommen.

Budd XP300
Budd XP300 im Bau

Im Traumwagen Zeitalter entwickelt Budd für Buick 1951 die XP-300 Studie mit 300PS V8 Motor. Buicks Chefstilist Harley Earl zeichnete die Aluminium Karosserie.

Budd XR400
Budd XR400

1962 folgt der XR400 mit 270 PS V8-Motor. Das Fahrzeug sollte bei American Motors Corporation gebaut werden und den Rambler Ambassador in einer Marktlücke (wie später der Mustang) positionieren. Budd meinte er könne ab Oktober 1963 in Serie gehen, doch AMC lehnte ab.
Der Prototyp basiert auf dem gekürzten Fahrgestell eines 62er Ambassador. Das Styling erinnert kaum an Rambler, eher an klassische Sportwagen mit langer Motorhaube. Auch innen sieht er mit den vielen Instrumenten wie ein typischer Sportwagen aus. Der kleine Innenraum dürfte wohl dazu geführt haben, daß AMC diesen Vorschlag nicht akzeptierte.
Zuvor wollte Budd eine ähnliche Idee an Ford vermarkten. Man hatte dazu die Karosse eines 57er Thunderbird auf ein 61er Falcon Chassis gepflanzt um ein sportliches Cabrio („XT Bird“) zu schaffen. Als Ford ablehnte probierte man es bei AMC. Ford Boss Lee Iacocca baute lieber den Mustang als echten Viersitzer. Der XR400 befindet sich heute im Henry Ford Museum mit immerhin 13.000 Meilen auf dem Tacho.

Budd Werbung

Im Laufe der Unternehmensgeschichte erwarb Budd durch die Erfindung der ersten LKW-Scheibenbremsen und der ersten Zwillingsräder sowie 1954 durch die Herstellung einer vollständig aus Kunststoff bestehenden Karosserie seinen guten Ruf für technische Innovationen.

Budd produzierte auch als erstes Unternehmen der Welt Passagier-Eisenbahnwaggons aus Edelstahl und war von den 50er Jahren bis Mitte der 80er Jahre der zweitgrößte Hersteller für Personenzüge in Nordamerika. Die Waggonbau Sparte von Budd vergab viele Lizenzen ins Ausland, u.a. an das „Metroliner“ Projekt in Frankreich. Ab Mitte der 70er Jahre war diese Branche aber nicht mehr profitabel und wurde abgestoßen. Ford übernahm 1976 diesen Betriebsteil, verkaufte ihn bereits zwei Jahre später an die Thyssen AG. Zu diesem Zeitpunkt begann Budd sich vermehrt auf das Automobil Kerngeschäft mit Blechpressteilen, Bremsen und Felgen zu konzentrieren.
Budd ist mit Hauptquartier in Troy/Michigan durch die Fusion der Thyssen AG und der Krupp AG im Jahre 1999 zu einem Unternehmen der ThyssenKrupp Automotive AG geworden. Die Budd Company beschäftigt derzeit etwa 13.000 Mitarbeiter in 39 Standorten in Nordamerika. Das Unternehmen entwirft und fertigt Produkte aus einer Vielzahl von Werkstoffen, darunter verschiedene Güteklassen von Stahl, Kunststoffen, Aluminium und Gusseisen. Angesichts von Einnahmen in Höhe von fast $6 Milliarden pro Jahr gehört ThyssenKrupp Automotive zu den größten Lieferanten der Automobilbranche in der Welt.
tm
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