Boreham House
Henry
Ford und seine Frau machten 1930 Urlaub
in Oberammergau um die dortigen Passions Spiele zu besuchen. Die
Rückreise in die USA über Hoek van Holland nach England
führte
sie nach der Überquerung des Ärmelkanals am
geschichtsträchtigen, 1730 errichteten "Boreham
House" in Chelmsford (rund 50 km nordöstlich von London) vorbei.
Dieses großzügige Anwesen schien Henry Ford
solchermaßen zu beeindrucken, daß
er es am 2.5.1931 tatsächlich komplett mit den 12 km2
großen Ländereien erwarb. Sein
Bestreben war ein "Institute of Agriculturale Engineering" zu
gründen. In den "Fordson Estates Ltd." sollten Landwirte mit
moderner Fordson Landtechnik vertraut gemacht
werden. Im Winter liefen Kurse für Landwirte, im Sommer wurden von
den rund 200 Angestellten Ford-Händler
und -Vertreter ausgebildet.
Das angebaute Gemüse wurde vermarktet.
In den Kriegsjahren bekamen die "Land
Army Girls" im Boreham House das Traktor Fahren beigebracht.
Nicht
nur das Bedienen und Fahren mussten die jungen Frauen lernen, auch alle
Reparaturarbeiten konnten sie anschließend ausführen. Wie im
amerikanischen Gegenstück, der 1906 gegründeten Cherry Hill Farm,
wurden hier das ganze Jahr über Tests zur Weiterentwicklung der Ford Traktoren durchgeführt. 1952 machte man Boreham House zum Ford Trainings- und Testcenter,
welches erst 1994
endgültig die Tore schloss. Heute kann das Anwesen für Hochzeiten und ähnliche Anlässe angemietet werden.
Luftaufnahme vom Flugplatz
Boreham
Die Royal Air Force legte 1943 in Boreham einen Grasflugplatz an. Die Startbahn liegt rund anderthalb Kilometer vom Dorf entfernt an der A12. 96 Einsätze wurden mit B26 Marauder Bombern geflogen, dabei wurden 16 Flugzeuge verloren. Im Mai 1944 übernahm die US Air Force das Gelände als Notlandeplatz und legte Betonpisten an. Die 315. Transport Geschwader startete von dort mit 80 C-47 Dakota Maschinen 3.100 Fallschirmspringer der 6. britischen Airborne Division zum Angriff auf das Rheinland nahe Wesel.
Boreham Rennprogramm
1952
Nach Kriegsende wurde der Flugbetrieb vorerst wieder eingestellt und die Gebäude zur Einquartierung ausgebombter Familien genutzt. Die ausgedienten Rollbahnen fanden von 1949 bis 1952 als Kurs für Auto- und Motorradrennen Verwendung, beim International Festival of Racing 1952 kamen 50.000 Zuschauer. Boreham galt damals als schnellste Rennstrecke auf der Insel. Größen wie Mike Hawthorn, Villoresi, Roy Salvadori, Stirling Moss, Eric Oliver und John Surtees auf Vincent fuhren hier.
1955 erwarb Ford das Gelände (die Rennstrecke war nicht mehr lukrativ) und nutze es hauptsächlich für Nutzfahrzeug Tests auf Asphalt und im Gelände. Etliche Gebäude und Einrichtungen sowie eine kleine Steilstrecke wurden neu gebaut. Bis 1987 wurden LKWs in Boreham getestet, dann übernahm IVECO Fords europäische LKW Sparte mitsamt der Teststrecke. Ab 1963 zog zudem die neu gegründete Ford Motorsport Abteilung aus der Lincoln Werkstatt in Brentwood nach Boreham um. Drei Jahrzehnte lang trugen die Ford Werksrenner die für Boreham typischen Nummernschilder.
Vorbereitung der Werks-Rallye
Escort bei AVO in Boreham
Mehrere Rallye-Ford Generationen wurden hier gebaut, die mit Fahrern wie Roger Clark, Hannu Mikkola, Björn Waldegård und Ari Vatanen von Sieg zu Sieg fuhren. Zu nennen sind hier besonders die Twin-Cam Cortina und Hundeknochen von AVO (Advanced Vehicle Operations) und der RS1700T Escort III mit Heckantrieb.
In den letzten Jahren war auch die englische Ford Dauertestflotte in Boreham zu Hause. Vom ehemaligen Flugplatz überlebten nur der Kontrollturm, der seit 1990 von der englischen Polizei Hubschrauberstaffel verwendet wird, und der ehemalige Hangar T2 als Abstellhalle für die Rallyefahrzeuge. Auch von den ursprünglich drei Startbahnen ist nur wenig übrig geblieben. Im Gegenzug wurden aber neue Hangars und eine Flugzeug Tankstelle gebaut.
Noch 1998 nutze Stewart Racing die Strecke
für Testfahrten des neuen Ford Formel-1 Rennwagens. Im gleichen Jahr wurde
jedoch die Motorsport Entwicklung zu M-Sport in Cumbria verlegt.
Das 3,2 ha große Grundstück
steht zum Verkauf, beheimatet aber immer noch eine Hubschrauber Rettungsstaffel.